In seinem Buch „Eine neue Erde“ beschreibt Eckart Tolle, dass sich der Mensch unentwegt in bestimmte Rollen begibt: Er spielt die Rolle des Angestellten auf Arbeit, die des Vaters/der Mutter in der Erziehung, die des Kindes den Eltern gegenüber. Eine besondere Verwandlung kann sich im Zustand des „Verliebtseins“ vollziehen. Verliebte begehren einander. Sie veranstalten alles, um das Objekt der Begierde zu erlangen. Da kann der größte Macho zum Kuschelbären werden und die Zicke wird zum Lamm, was naturgemäß niemand lange durchhält.
Wenn man all diese äußeren Erscheinungsformen eines Menschen weglässt, was bleibt dann? Was ist das wahre, unverfälschte Ich? Yoga sagt, du besitzt einen Körper, aber du bist nicht dein Körper, du besitzt einen Geist der denkt, aber du bist nicht deine Gedanken, du besitzt Gefühle, aber du bist nicht deine Gefühle. Du bist reines, unveränderliches Bewusstsein, das in stillen Momenten den Körper, den Geist und die Gefühle wahrnimmt, sich damit aber nicht identifiziert. Körper, Geist und Gefühle sind vergänglich. Sich mit der Vergänglichkeit zu identifizieren bedeutet leiden.
Im Idealfall mündet „Verliebtsein“ in wahre Liebe. Man stelle sich zwei sich gegenüberstehende Liebende vor. Wortlos findet zwischen ihnen über ihre Augen und ihre Herzen ein Austausch statt, als ob sie energetisch miteinander verbunden wären. Vielleicht können Liebende am klarsten das wahre Wesen des anderen erkennen.
Der kleine Prinz sagt: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Das Wesentliche ist das wahre Ich. Es verlangt Ruhe, Geduld und vielleicht auch Mut, das wahre Ich erkennen zu wollen und sich darauf einzulassen. Dann werden all die Rollen, die ein Mensch im täglichen Leben spielt und auch die Fassade, die er mühsam aufgebaut hat, um sein wahres Ich zu verbergen, bedeutungslos.